Bieterverfahren beim Immobilienverkauf: Tipps für Käufer
Auch wenn das Bieterverfahren beim Immobilienverkauf in Deutschland noch ein Nischendasein fristet, so kann es doch in einigen Fällen durchaus sinnvoll und attraktiv sein – für Verkäufer und Käufer gleichermaßen. Als Käufer sollten Sie sich jedoch vorab gut mit den Gepflogenheiten auseinandersetzen und sich eine passende Strategie zurechtlegen. Denn der Kardinalfehler beim Bieterverfahren ist, dem vermeintlichen Konkurrenzdruck zu unterliegen.
- Bieterverfahren beim Immobilienverkauf: Tipps für Käufer
Was ist das Bieterverfahren?
Nach wie vor werden Immobilien hierzulande meist auf traditionellem Wege verkauft: Ein Makler ermittelt den Wert des Objekts, erstellt ein aussagekräftiges Exposé, inseriert an geeigneten Stellen und sucht so nach dem passenden Käufer. Doch es geht auch anders.
Beim Bieterverfahren wird vorab kein Preis für die Immobilie festgelegt und stattdessen geben Kaufinteressenten individuelle Angebote ab. Einen Mindestpreis muss der Verkäufer dabei nicht zwingend vorgeben. Ziel des Verfahrens ist es meist, die Immobilie möglichst schnell zu verkaufen und dabei unabhängig vom eigentlichen Verkehrswert ein möglichst hohes Angebot zu erzielen.
Gut zu wissen für Sie als Käufer: Ihr Angebot beim Bieterverfahren ist nicht bindend. Selbst wenn Sie das Höchstgebot abgegeben haben und der Verkäufer Ihnen den Zuschlag gibt, sind Sie nicht verpflichtet, die Immobilie auch wirklich zu kaufen. Diese Unverbindlichkeit unterscheidet das Bieterverfahren von Versteigerungen oder Auktionen, bei denen Angebote bindend sind. Allerdings gilt dasselbe auch für den Verkäufer: Haben Sie das Höchstgebot abgegeben, erhalten Sie nicht zwangsläufig auch den Zuschlag. Es steht dem Verkäufer frei, ein Angebot seiner Wahl anzunehmen oder – sollten die Angebote nicht den Vorstellungen entsprechen – schlicht alle abzulehnen und ein neues Verfahren anzusetzen.
Wann ist ein Bieterverfahren sinnvoll?
Das Bieterverfahren kann in ganz unterschiedlichen Situationen sinnvoll sein, beispielsweise in den folgenden:
- Der Wert der Immobilie ist schwer zu ermitteln. So kann das Objekt etwa sehr renovierungsbedürftig sein, sich aber in hervorragender Lage befinden.
- Das Objekt ist beliebt und es wird eine hohe Nachfrage erwartet. Das Bieterverfahren sorgt für verstärkten Konkurrenzdruck und kann den Preis noch einmal in die Höhe treiben.
- Das Objekt steht schon länger erfolglos zum Verkauf. Idealerweise findet der Verkäufer anhand des Bieterverfahrens einen Käufer, auch wenn er dabei nicht den eigentlichen Wunschpreis erzielt.
- Das Objekt soll möglichst schnell verkauft werden. Beim Bieterverfahren gehen Häuser, Eigentumswohnungen und Grundstücke in der Regel schnell über den Tisch. Das Verfahren ist daher vor allem bei Verkäufern beliebt, die den Verkaufserlös dringend benötigen, etwa um Schulden zu tilgen.
Was kostet das Bieterverfahren?
Das Bieterverfahren wird in der Regel von einem Immobilienmakler begleitet, wobei Verkäufer und Makler die Höhe der Provision unter sich ausmachen. Kommt es zu einem Kauf, werden Sie als Käufer üblicherweise an den Maklerkosten beteiligt. Sie können hier mit denselben Maklerkosten rechnen, die auch beim regulären Verkaufsprozess für Sie anfallen würden.
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Wie läuft ein Bieterverfahren ab?
Wie ein Bieterverfahren abzulaufen hat, ist gesetzlich nicht vorgegeben. So kann es durchaus sein, dass der Makler Ihnen die Chance gibt, Ihr Angebot nachzubessern, wenn ein anderes Höchstgebot abgegeben wurde. Auch kann es sein, dass nach der ersten Runde ein zweites Verfahren eröffnet wird. Häufig ist das der Fall, wenn 2 gleich hohe Angebote vorliegen. Fragen Sie daher am besten vorab genau nach, welche Schritte es geben wird und wie viel Transparenz Sie erwarten dürfen.
Ein Standard-Bieterverfahren läuft wie folgt ab:
- Der Makler erstellt ein Exposé und informiert darin über das Verfahren. Er kann ein Mindestgebot vorgeben, muss es jedoch nicht.
- Im zweiten Schritt folgt meist eine „Open House“-Besichtigung. Bei einem Sammeltermin besichtigen alle Kaufinteressenten das Haus gemeinsam.
- Der Makler gibt eine Frist vor (ca. 3 Wochen), innerhalb derer alle Bieter ein Angebot abgeben können. In der Regel erfolgt die Angebotsabgabe schriftlich, entweder per Post oder per E-Mail.
- Ist die Frist verstrichen, fasst der Makler alle Angebote zusammen und leitet diese an den Verkäufer weiter.
- Der Verkäufer hat nun die Wahl: Er kann eines der vorliegenden Angebote auswählen oder alle ablehnen und versuchen, die Immobilie anderweitig zu verkaufen. Auch ein erneutes Bieterverfahren ist grundsätzlich möglich, wenn die Angebote nicht den Wunschvorstellungen entsprechen.
Welche Arten von Bieterverfahren gibt es?
Es gibt 3 verschiedene Arten von Bieterverfahren, die sich jedoch nur geringfügig voneinander unterscheiden.
- Strukturiertes Bieterverfahren: Das strukturierte Verfahren bietet ein Maximum an Transparenz für Verkäufer und Bieter. So wird eingangs über die verschiedenen Stufen des Verfahrens aufgeklärt. Häufig werden die Bieter während der Bietfrist auch mit aktuellen Informationen versorgt.
- Offenes Bieterverfahren: Beim offenen Bieterverfahren setzt der Makler zunächst eine „Open House“-Besichtigung an. Diese unverbindliche Begehung soll eingangs Interessenten anlocken. Erst dann wird über das Verfahren informiert und die Frist in Gang gesetzt.
- Privates Bieterverfahren: Das private Bieterverfahren unterscheidet sich im Grunde nicht vom offenen Verfahren. Durch die Benennung soll lediglich betont werden, dass es sich um einen privaten Verkäufer und nicht etwa um eine Gemeinde oder Kommune handelt.
Daneben wird häufig auch zwischen dem statischen und dem dynamischen Bieterverfahren unterschieden. Bei Ersterem werden während der Besichtigung meist keine Kaufangebote entgegengenommen. Stattdessen wird der Beginn der Bietfrist abgewartet. Beim dynamischen Verfahren hingegen spricht der Makler schon bei der Besichtigung vermeintliche Käufer an und versucht, erste ernstgemeinte Gebote einzuholen. Die restlichen Bieter werden dann darüber informiert und können sich daran orientieren. Gleichzeitig wird so allerdings auch Druck auf andere Bieter ausgeübt, da diese wissen, dass schon Angebote vorliegen.
Welche Vorteile und Nachteile hat das Bieterverfahren für Käufer?
Als Käufer profitieren Sie in erster Linie davon, dass Sie Ihr Angebot an Ihr Budget anpassen können. Mit etwas Glück erhalten Sie dann den Zuschlag und Sie haben ein Haus, das exakt in Ihren finanziellen Rahmen passt. Empfehlenswert ist es allerdings, die Finanzierung vorab zu klären: Zwar ist Ihr Angebot nicht bindend, doch ist es ärgerlich, wenn der Kauf am Ende daran scheitert.
Auf Schnäppchen sollten Sie allerdings weniger spekulieren. Es handelt sich beim Bieterverfahren nicht um eine Zwangsversteigerung und häufig sorgt das Verfahren eher dafür, dass aufgrund des Konkurrenzdrucks ein recht hoher Preis erzielt wird. Das ist auch der große Nachteil: Viele Käufer können den eigentlichen Wert von Immobilien nur schwer abschätzen und die große Menge an Menschen bei der Sammelbesichtigung erweckt den Eindruck, dass eine große Nachfrage besteht. Tendenziell geben vor allem unerfahrene Käufer hier häufig im Eifer des Gefechts sehr hohe Angebote ab.
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Taktik für Käufer: So gehen Sie selbstsicher ins Bieterverfahren!
Das Bieterverfahren kann Chancen für Sie als Käufer bereithalten, doch es birgt auch Risiken. Sie sollten daher immer einen kühlen Kopf bewahren und sich vorab eine passende Strategie zurechtlegen. Die folgenden Tipps helfen Ihnen dabei:
- Sprengen Sie nicht Ihr Budget: Wenn Sie ein Haus kaufen wollen, müssen Sie vorab genau kalkulieren, wie viel die Immobilie maximal kosten darf. Im nächsten Schritt sollten Sie bei der Bank anfragen und die Finanzierung grob abklären. Beim eigentlichen Bieten gilt es dann, hartnäckig am Budget festzuhalten. Lassen Sie sich nicht zu unüberlegten Angeboten verleiten und agieren Sie nur in Ihrem finanziellen Rahmen, den Sie sich vorher abgesteckt haben.
- Viele Menschen lassen nicht zwingend auf eine hohe Nachfrage schließen: Der Sammeltermin beim Bieterverfahren erspart dem Makler Zeit, doch er bietet für den Verkäufer noch einen angenehmen Nebeneffekt. Als Käufer sind Sie direkt mit Ihrer potenziellen Konkurrenz konfrontiert, was oft erhöhten Druck bedeutet. Dieser Vorstellung sollten Sie nicht nachgeben, denn nur weil viele Menschen sich eine Immobilie ansehen, bedeutet das nicht, dass viele Menschen auch (gute) Angebote abgeben. Wenn der Gedanke an die offene Besichtigung Ihnen Bauchschmerzen bereitet, können Sie auch beim Makler anfragen, ob vielleicht doch eine Einzelbesichtigung möglich ist. Nachfragen kostet nichts!
- Holen Sie sich Unterstützung: Gehen Sie die Besichtigung genauso an wie eine reguläre Immobilienbesichtigung und holen Sie sich Unterstützung. Bei sehr großem Interesse können Sie einen Sachverständigen hinzuziehen, auch wenn dies Mehrkosten bedeutet. Dieser kann Sie auch dabei unterstützen, den eigentlichen Wert der Immobilie besser einzuschätzen. Ansonsten hilft es häufig, einen neutralen Bekannten mitzubringen, der nicht emotional involviert ist.
Fazit: Bieterverfahren sind zwar unüblich, aber nicht unseriös
Bei vielen Immobilienkäufern klingeln beim Begriff „Bieterverfahren“ noch die Alarmglocken, da sich dieses Verfahren sehr vom traditionellen Immobilienkauf unterscheidet. Doch es kann für Sie als Käufer auch Chancen bieten: So können Sie ein Angebot abgeben, das wirklich zu Ihrem Budget passt. Mit etwas Glück erhalten Sie auch den Zuschlag. Doch Vorsicht: Das Bieterverfahren kann auch Druck ausüben. Vor allem unerfahrene Käufer lassen sich aufgrund der Konkurrenz und der fehlenden Preisvorgaben schnell zu überhöhten Angeboten hinreißen. Behalten Sie besser einen kühlen Kopf und holen Sie sich bei Bedarf professionelle Unterstützung.
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