Was bedeutet die gesamtschuldnerische Haftung für Kreditnehmer?
Es kommt häufig vor, dass mehrere Personen gemeinsam eine Verbindlichkeit eingehen und zum Beispiel einen Kredit aufnehmen. In diesem Fall gilt in der Regel eine gesamtschuldnerische Haftung. Das bedeutet, dass der Gläubiger den geschuldeten Betrag von jeder einzelnen Person teilweise oder in voller Höhe einfordern kann.
Was Sie über diese besondere Form der Haftung wissen sollten, bevor Sie einen Kreditvertrag oder eine Baufinanzierung abschließen, erfahren Sie hier.
- Was bedeutet die gesamtschuldnerische Haftung für Kreditnehmer?
- Was bedeutet gesamtschuldnerisch?
- Hier gilt eine gesamtschuldnerische Haftung
- Beispiel vertragliche Vereinbarung
- Beispiele gesetzliche Begründung
- Was gilt bei Baufinanzierungen?
- Folgen für die einzelnen Kreditnehmer
- Was geschieht, wenn beide Kreditnehmer die Kreditrate überweisen?
- Kann ich für einen Kredit haftbar gemacht werden, ohne etwas unterzeichnet zu haben?
- Bin ich mit haftbar, wenn mein Ehepartner ohne mein Wissen einen Kreditvertrag abschließt?
- Kann man aus der gesamtschuldnerischen Haftung aussteigen?
- Fazit: Die gesamtschuldnerische Haftung ist Standard bei Baufinanzierungen
Was bedeutet gesamtschuldnerisch?
Die gesamtschuldnerische Haftung wird auch als solidarische Haftung bezeichnet. Damit ist gemeint, dass mehrere natürliche oder juristische Personen eine Sache voll schulden. Hierbei kann es sich um eine Geld- oder Sachleistung handeln.
Ein Gesamtschuldner ist also ein Schuldner, der einem Gläubiger gegenüber für eine Gesamtschuld einzustehen hat – unabhängig davon, wie viele weitere Schuldner es gibt. Gleichzeitig darf der Gläubiger die Leistung nur einmal einfordern. Geregelt ist die gesamtschuldnerische Haftung in den Paragrafen 421 und folgende des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Bei einem Kredit heißt dies konkret, dass die Bank als Gläubiger zur selben Zeit an jeden Kreditnehmer herantreten und die Begleichung der Schuld vollständig oder teilweise einfordern kann – vorausgesetzt, dass die Rückzahlung fällig ist.
Unterm Strich muss der Kredit natürlich nur einmal zurückgezahlt werden. Sollte also einer der Kreditnehmer den Kredit voll zurückzahlen, so müssen die weiteren Kreditnehmer zumindest an die Bank keine weiteren Zahlungen leisten. Allerdings hat derjenige, der die Schuld voll beglichen hat, im Anschluss eine Regressforderung gegen den beziehungsweise die anderen Kreditnehmer. Hier wird auch deutlich, warum für Banken eine gesamtschuldnerische Haftung oft die Voraussetzung für eine Kreditzusage ist. Denn auf diese Weise hat sie mehr Möglichkeiten, wieder an ihr Geld zu gelangen.
Eine weitere Sicherheit, die Banken manchmal vor Kreditauszahlung fordern, ist die Ausfallbürgschaft. Im Gegensatz zur gesamtschuldnerischen Haftung darf die Zahlung jedoch erst dann vom Bürgen eingefordert werden, nachdem vergeblich versucht wurde, das Geld vom Kreditnehmer zu erhalten. Meist verlangen Banken jedoch eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Das bedeutet, dass der Bürge ebenso haftet wie der Schuldner und nicht erst bei Zahlungsausfall: Unabhängig davon, ob der Schuldner zahlt oder nicht, kann die Bank ihr Geld vom Bürgen einfordern.
Hier gilt eine gesamtschuldnerische Haftung
Es gibt verschiedene Bereiche, in denen eine solidarische Haftung zum Tragen kommt. Zu unterscheiden ist hierbei, ob sie vertraglich oder gesetzlich begründet ist.
Beispiel vertragliche Vereinbarung
Das üblichste Beispiel, bei dem eine gesamtschuldnerische Haftung vertraglich vereinbart wird, ist der Kreditvertrag. Speziell bei Baufinanzierungen sichern sich Banken durch einen zweiten Kreditnehmer zusätzlich gegen einen Zahlungsausfall ab.
Beispiele gesetzliche Begründung
In folgenden Fällen gilt die gesamtschuldnerische Haftung aufgrund gesetzlicher Vorschriften:
- Haftung des bisherigen und neuen Inhabers bei Betriebsübergängen (§ 613a BGB)
- Mitbürgschaft mehrerer Personen für dieselbe Verbindlichkeit (§ 769 BGB)
- Haftung mehrerer Personen für einen aufgrund einer unerlaubten Handlunggemeinsam verursachten Schaden (§ 840 BGB)
- Haftung eines Ehepartners für Geschäfte des anderen zur Deckung des Lebensbedarfs, sofern diese angemessen sind (§ 1357 BGB)
- Haftung von Erben im Zusammenhang mit Nachlassverbindlichkeiten (§ 2058 BGB)
Auch bei personengesellschaftlich organisierten Unternehmen ist die gesamtschuldnerische Haftung üblich. So haften die Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) beispielsweise gesamtschuldnerisch und persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Dasselbe gilt bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die auch BGB-Gesellschaft genannt wird.
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Was gilt bei Baufinanzierungen?
Bei Baufinanzierungen ist die Vereinbarung einer gesamtschuldnerischen Haftung die Regel.
Weil es hierbei um hohe Beträge und lange Laufzeiten geht, hat die finanzierende Bank ein erhöhtes Kreditausfallrisiko. Sie versucht mit unterschiedlichen Mitteln, dieses Risiko zu senken. Eines davon ist die Voraussetzung, dass mehrere Personen den Darlehensvertrag unterzeichnen. In der Folge haften alle Kreditnehmer gesamtschuldnerisch und die Bank kann die monatlich fälligen Darlehensraten von jedem gesondert einfordern.
Vor allem bei eheähnlichen Gemeinschaften und nicht verheirateten Paaren verlangt die Bank, dass beide den Darlehensvertrag unterzeichnen. Aber auch bei Ehepartnern ist dieses Vorgehen üblich.
Folgen für die einzelnen Kreditnehmer
Jeder Kreditnehmer, der gesamtschuldnerisch für eine Kreditverbindlichkeit haftet, sollte in der Lage sein, die fälligen Kreditraten aus eigener Tasche zu bezahlen. Denn falls der eine Kreditnehmer zahlungsunfähig werden sollte, hat die Bank das Recht, die fälligen Raten komplett von dem anderen einzufordern.
Zahlt ein Kreditnehmer die gesamte Schuld zurück, so entsteht im Innenverhältnis, also zwischen den beiden Kreditnehmern, eine Regressforderung. Der zu viel bezahlte Anteil kann somit zurückgefordert werden. Ob diese Forderung jedoch beglichen wird, hängt maßgeblich davon ab, ob der säumige Kreditnehmer zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist. Im ersten Fall muss der Kreditnehmer, der die Schuld allein beglichen hat, darauf hoffen, dass der andere sich finanziell wieder erholt. Im zweiten Fall wird er spätestens im Klageverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit sein Geld zurückbekommen.
Auch die folgenden 3 Fragen werden in diesem Zusammenhang immer wieder gestellt:
Was geschieht, wenn beide Kreditnehmer die Kreditrate überweisen?
Sollte es einmal dazu kommen, dass mehrere Raten für denselben Monat überwiesen werden, so ist die Bank verpflichtet, das zu viel erhaltene Geld zurückzuzahlen.
Kann ich für einen Kredit haftbar gemacht werden, ohne etwas unterzeichnet zu haben?
Nein! Die Voraussetzung für eine gesamtschuldnerische Haftung im Zusammenhang mit einem Kredit ist die Unterzeichnung des Kreditvertrags.
Bin ich mit haftbar, wenn mein Ehepartner ohne mein Wissen einen Kreditvertrag abschließt?
Nein, sofern die Ehepartner in dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben. Dieser gilt immer, wenn kein Ehevertrag geschlossen wurde. Er verhindert, dass die Schulden des einen von dem anderen gezahlt werden müssen.
Kann man aus der gesamtschuldnerischen Haftung aussteigen?
Bei dieser Frage ist zu unterscheiden, ob es sich um eine vertraglich oder gesetzlich begründete Solidarhaftung handelt.
Dem Gesetz kann sich niemand entziehen, weshalb es in diesen Fällen nicht möglich ist, die gesamtschuldnerische Haftung zu umgehen.
Anders sieht es bei Verträgen aus. Jeder Person steht es frei, ob sie einen Vertrag zu den angebotenen Bedingungen abschließt oder nicht. Sollte bereits eine Vertragsvereinbarung bestehen, die zu einer gesamtschuldnerischen Haftung verpflichtet, entscheiden ebenfalls die Vertragsbedingungen, ob und unter welchen Bedingungen ein vorzeitiger Ausstieg möglich ist.
Fazit: Die gesamtschuldnerische Haftung ist Standard bei Baufinanzierungen
Wer in Deutschland eine Baufinanzierung abschließen möchte, wird von Banken oft gebeten, den Vertrag gemeinsam mit einem weiteren Kreditnehmer zu unterzeichnen. Üblich sind hier Ehepartner und Lebensgefährten, aber auch Freunde und Familienmitglieder sind möglich. Als Folge entsteht eine gesamtschuldnerische Haftung. Das bedeutet, dass die Bank von allen Unterzeichnern die fälligen Darlehensraten einfordern kann. Natürlich darf sie dabei keine doppelten Beträge einnehmen.
Jeder Kreditnehmer sollte die Kreditrate somit eigenständig zahlen können. Deshalb ist es vor Abschluss einer Baufinanzierung besonders wichtig, zu prüfen, wie die fälligen Darlehensraten im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit eines der Kreditnehmer weiterhin überwiesen werden können.
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