Gibt es in Deutschland eine Immobilienblase?
Seit mittlerweile 10 Jahren steigen die Immobilienpreise in fast ganz Deutschland stetig an. Bei vielen Menschen weckt dies Erinnerungen an die Situation in den USA. Ein Crash auf dem dortigen Immobilienmarkt hat 2008 zu einer weltweiten Finanzmarktkrise geführt.
Besteht auch in Deutschland eine Immobilienblase, die zu platzen droht? Dies und vieles mehr rund um das Thema erfahren Sie in diesem Artikel.
Kommt es im Jahr 2022 zum großen Immobiliencrash?
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Immobilienpreise in Deutschland im Jahr 2022 einbrechen werden: Die führenden Wirtschaftsexperten wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW) in Berlin gehen davon aus, dass in Deutschland aktuell keine bundesweite Immobilienblase besteht, die platzen und zu einem Immobiliencrash führen könnte.
Gleichzeitig erkennen sie an, dass vor allem in größeren Städten und Metropolregionen der Wohnraum immer knapper und die Preise immer höher werden. Es könnte also durchaus sein, dass es zu regional begrenzten Preiskorrekturen kommt.
Zudem lässt sich nicht ausschließen, dass sich in den folgenden Jahren aufgrund von Corona und den ergriffenen wirtschaftlichen Maßnahmen eine Immobilienblase entwickelt. Es bestehen also genügend Gründe, sich eingehender mit der Thematik zu befassen. Im Folgenden erfahren Sie, wie Sie sich wirkungsvoll gegen das Platzen einer Immobilienblase schützen können.
Was ist eine Spekulationsblase?
Eine Spekulationsblase liegt vor, wenn der fundamentale Wert einer Sache und deren Preis stark voneinander abweichen. Dies kann zum Beispiel bei Aktien oder Immobilien vorkommen.
Man erkennt eine Spekulationsblase daran, dass die Preise immer weiter ansteigen und es gleichzeitig schwerfällt, einen objektiven Grund dafür zu nennen.
Die Folge ist, dass immer mehr Menschen das Gefühl bekommen, gerade eine vermeintlich sichere Investitionsgelegenheit zu verpassen und unbedingt einsteigen müssen. Viele nehmen dafür sogar einen Kredit auf.
Auf diese Weise treten in den Markt vermehrt neue und unerfahrene Investoren ein, die sich nicht mit dem Investitionsobjekt an sich auskennen, sondern einzig das Ziel verfolgen, durch die steigenden Preise schnelle Profite zu realisieren.
All diese Entwicklungen können Symptome einer Spekulationsblase sein.
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Wie entsteht eine Immobilienblase?
Zunächst ist es wichtig, zu verstehen, dass es nicht ungewöhnlich ist, wenn sich Wert und Preis einer Sache unterscheiden. Streng genommen besteht sogar immer eine Abweichung:
- Der Wert ist subjektiv und hängt stark von dem Betrachter ab. Für eine naturverbundene Familie hat ein Bauernhof im Grünen einen höheren Wert als ein Loft in der Innenstadt. Für einen alleinstehenden Manager ist es wahrscheinlich genau andersherum.
- Der Preis ist der Versuch unserer Gesellschaft, den subjektiven Wert einer Sache in eine objektive Zahl zu verwandeln. Das ist wichtig für unsere Wirtschaft, da wir nur so vergleichen und miteinander handeln können.
Der Preis stellt somit quasi den subjektiv empfundenen Durchschnittswert der Gesellschaft bezogen auf eine Sache dar. Ermittelt wird er auf dem freien Markt über die Dynamiken von Angebot und Nachfrage.
Grundsätzlich gibt es daher nur 2 Gründe, warum die Preise von Immobilien in einer Marktwirtschaft steigen:
- Die Nachfrage steigt schneller als das Angebot.
- Das Angebot sinkt schneller als die Nachfrage.
Bei Immobilien beobachten wir seit ein paar Jahren, dass die Nachfrage schneller steigt als das Angebot. Dies kann verschiedene Gründe haben.
Diese 3 Gründe sind „gesund“ und fördern keine Blasenbildung:
- Die Finanzierung wird aufgrund niedriger Zinsen günstiger. Es möchten mehr Menschen eine Immobilie kaufen.
- Steigendes Einkommen führt dazu, dass mehr Menschen eine eigene Immobilie besitzen möchten.
- Die Bevölkerung in Städten und Ballungszentren wächst schneller, als Wohnungen und Häuser gebaut werden können.
All diese Punkte konnten wir in den letzten Jahren in Deutschland beobachten, weshalb der Preisanstieg normal ist und keine Überhitzung des Markts darstellt.
Diese 2 Gründe sind „ungesund“ und führen zu einer Blasenbildung:
- Die steigenden Immobilienpreise ziehen Investoren an, die den Kauf einer Immobilie einzig als Geschäft sehen. Sie wollen günstig kaufen und teuer verkaufen, die Immobilie als solches interessiert sie dabei nicht.
- Kreditnehmer erhalten trotz schlechter Bonität eine Baufinanzierung, weil Banken davon ausgehen, dass die Immobilienpreise auch künftig weiter steigen werden. Eine ausreichende Sicherheit, welche die Rückzahlung garantiert, ist also nur dann gegeben, wenn die Preise tatsächlich weiter steigen.
Die beiden letztgenannten Entwicklungen sind deshalb so tückisch, weil die dahinterstehenden Überlegungen bestätigt werden. Wie bei einer selbsterfüllenden Prophezeiung steigen die Preise aufgrund der erhöhten Nachfrage durch Investoren und bonitätsschwache Käufer an. Allerdings erfolgt der Preisanstieg dann häufig explosionsartig, sprich exponentiell, was ein weiteres Symptom für eine Spekulationsblase darstellt.
Damit entfernt sich der Preis immer weiter von dem fundamentalen Wert der Immobilie. Die Folgen sind meist dramatisch.
Was geschieht, wenn eine Immobilienblase platzt?
Alle zurückliegenden Erfahrungen zeigen, dass der spekulative Preis früher oder später immer wieder in die Nähe des fundamentalen Werts zurückfällt, die Blase also platzt.
Meist steigt der Preis nach und nach an, fällt dann jedoch plötzlich und rasant. Aus diesem Grund passt die Analogie mit dem „Platzen einer Blase“ sehr gut.
Für diesen Vorgang gibt es ganz unterschiedliche Auslöser.
Ist der Markt beispielsweise von Investoren beherrscht, so kommt irgendwann der Punkt, an dem niemand mehr bereit ist, die extrem hohen Preise zu bezahlen. Die Folge ist, dass der Preis nicht weiter steigt, was vor allem die Investoren kalt erwischt, die als Letztes eingestiegen sind und mit satten Gewinnen rechnen. Sobald diese ihre Immobilie frustriert und günstiger als erwartet verkaufen, beginnt eine Abwärtsspirale. Immer mehr Investoren verkaufen und der Preis fällt ins Bodenlose, zeitweise sogar unter den fundamental gerechtfertigten Wert.
Bei bonitätsschwachen Kreditnehmern kann bereits die kleinste Zinserhöhung dazu führen, dass sie ihre Kreditrate nicht mehr bezahlen können. Die folgende Zwangsversteigerung ist für die Bank aufwendig und meist ein Verlustgeschäft. Wenn aber eine Vielzahl von Krediten nicht mehr bedient werden kann und die Banken ihre Immobilien alle gleichzeitig verkaufen wollen, senkt dies den Immobilienpreis aufgrund des Überangebots. Zudem geraten die Banken in Schieflage, weil sie viele offene Forderungen abschreiben müssen. Dies ist 2008 in den USA geschehen und hat zur weltweiten Finanzmarktkrise geführt.
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Wie kann man sich vor einer Immobilienblase schützen?
Der wichtigste Schritt besteht darin, sich bei offiziellen Stellen zu informieren. So veröffentlicht beispielsweise das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin) regelmäßig Analysen und Ausblicke zum deutschen Immobilienmarkt. Auch sollten Sie als privater Kaufinteressent immer den aufgerufenen Preis Ihres Wunschobjekts im Rahmen einer Hausbesichtigung von einem Immobilienfachmann überprüfen lassen.
Des Weiteren sollten Sie bei der Baufinanzierung immer einen Puffer einrechnen. Die Kreditrate sollte auch dann bezahlbar sein, wenn Ihr Gehalt beispielsweise aufgrund von Kurzarbeit zeitweise sinkt oder sich die Zinsen erhöhen. Um eine Zinserhöhung möglichst lange auszuschließen, kann bei der Finanzierung eine längere Zinsfestschreibung gewählt werden.
Auch ein Investor sollte unbedingt immer einen Vergleich zwischen fundamentalem Wert und aktuellem Preis vornehmen. Diese Analyse ist zwar zeitintensiv, zeigt unter dem Strich jedoch, ob eine Immobilie über- oder unterbewertet ist.
Generell gilt: Bei einem exponentiellen Preisanstieg auf dem Markt ist die Gefahr besonders groß, dass es sich um eine Blase handelt, die früher oder später platzen wird.
Fazit: In Deutschland existiert momentan keine Immobilienblase
Das DIW Berlin führt mehrere Gründe für diese Einschätzung auf:
- Deutsche Banken sind relativ vorsichtig bei der Kreditvergabe und rechnen Abschläge in die Kreditsicherheiten mit ein.
- Die bundesweiten Preissteigerungen sind hauptsächlich durch Mietpreissteigerungen sowie die niedrigen Bauzinsen zu erklären und nicht durch übermäßige Spekulationen von Investoren.
- Lediglich in einigen Großstädten wie München oder Stuttgart könnte die Spekulation einen Teil der Wertsteigerung herbeigeführt haben.
Gleichzeitig kam die Immobilienpreisentwicklung in den Jahren 2020 und 2021 etwas überraschend. Denn obwohl die Wirtschaftsleistung aufgrund der Corona-Pandemie eingebrochen ist, sind die Immobilienpreise weiter gestiegen. Die Erklärung für diesen Trend könnte in dem Mangel an Alternativen liegen. Da in den letzten Monaten wenig Geld für Urlaub oder andere Aktivitäten ausgegeben werden konnte, stieg die Nachfrage nach Immobilien weiter an. Dies könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass bedingt durch vermehrtes Homeoffice ein schönes Heim mit ausreichend Platz zunehmend wichtiger wird.
Gleichzeitig sind die Immobilienmärkte dynamisch und die neuen Entwicklungen könnten leicht zu einer spekulativen Überbewertung führen. Es lohnt sich also stets, auf irrational wirkende Preissteigerungen und damit auf eine eventuell entstehende Immobilienblase zu achten.
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