Baufinanzierung im Alter: Gibt es ein Höchstalter für einen Immobilienkredit?
Nicht selten wird mit zunehmendem Alter auch der Wunsch nach einem Eigenheim immer größer. Doch eben aufgrund des fortgeschrittenen Alters schreiben viele Menschen, die in jungen Jahren die Welt bereist haben und nun mit über 50 Jahren sesshaft werden wollen, die Baufinanzierung vorschnell ab. Dabei fallen sie einem Trugschluss zum Opfer, denn die Chancen auf eine attraktive Baufinanzierung stehen für sogenannte Best Ager besser als gedacht.
- Baufinanzierung im Alter: Gibt es ein Höchstalter für einen Immobilienkredit?
Was ist das Höchstalter für eine Baufinanzierung?
Ein pauschales Höchstalter für Baufinanzierungen gibt es nicht, weshalb grundsätzlich auch ältere Menschen als Kreditnehmer infrage kommen. Vor nicht allzu langer Zeit sah dies noch etwas anders aus: Die EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) von 2014 gilt für Darlehensverträge, die nach dem 20. März 2016 abgeschlossen wurde. Sie schreibt vor, dass Banken bei der Kreditvergabe nicht nur wie bisher auf die aktuelle Finanzsituation potenzieller Kreditnehmer zu achten haben, sondern auch die zukünftige Entwicklung beurteilen müssen.
Diese Vorgabe wurde vom deutschen Gesetzgeber allerdings sehr restriktiv ausgelegt, sodass sich Banken und Kreditinstitute stark an der statistischen Lebenserwartung orientieren mussten und nur Darlehen vergaben, die voraussichtlich vor dem 75. Geburtstag des Kreditnehmers abbezahlt sein würden. Diese Praxis führte dazu, dass ältere Antragsteller ab 60 Jahren oftmals keinen Kredit mehr bekamen.
Wegen dieses Nachteils vor allem für ältere Immobilienkäufer und Bauherren wurden die Vorgaben mit Inkrafttreten der Leitlinien für die Kreditvergabe bei Baudarlehen im Jahre 2018 gelockert. Seitdem dürfen Banken auch zusätzliche Faktoren berücksichtigen, darunter den Wert der Immobilie und die potenzielle Wertsteigerung. Banken können nun selbst darüber entscheiden, ob sie Darlehen an ältere Kreditnehmer vergeben und welche Konditionen sie diesen anbieten.
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Sind ältere Menschen attraktive Kreditnehmer?
Was viele unterschätzen: Ältere Kreditnehmer haben jüngeren Bankkunden einiges voraus. So verfügt die Altersgruppe ab 50 Jahren statistisch gesehen über das höchste Durchschnittsvermögen. Auch das Gehalt steigt im Normalfall mit dem Alter an. Menschen zwischen 45 und 50 Jahren dürfen sich über das höchste Durchschnittsgehalt freuen. Die hervorragende Bonität älterer Kreditnehmer wissen viele Banken zu schätzen, weshalb sie auch Immobilienkäufern und Bauherren ab 50 noch günstige Darlehen anbieten. Immerhin bringen Best Ager häufig eine hohe Eigenkapitalquote mit. Zusätzlich dazu sind sie selbst daran interessiert, das Darlehen möglichst schnell wieder abzubezahlen. Im Idealfall gelingt dies noch vor Renteneintritt.
Aufgrund dessen sind ältere Kreditnehmer bei Weitem keine Seltenheit mehr: Die Stiftung Warentest geht sogar davon aus, dass mittlerweile jeder vierte Immobilienkäufer bereits über 55 Jahre alt ist.
Besonderheiten: Was ältere Kreditnehmer bei der Baufinanzierung beachten sollten
Auch wenn Sie Ihren 50. Geburtstag bereits gefeiert haben und erst jetzt mit dem Gedanken an eine eigene Immobilie spielen, sollten Sie den Gang zur Bank keinesfalls scheuen. Allerdings sollten Sie ein paar Vorkehrungen treffen, um Ihre Aussicht auf ein günstiges Darlehen zu verbessern.
Eigenkapitalquote und zusätzliche Sicherheiten
Von älteren Kreditnehmern wird häufig eine höhere Eigenkapitalquote erwartet. Das hat 2 Gründe: Zum einen geht die Bank davon aus, dass Sie bereits viele Jahre Zeit hatten, um sich ein gutes finanzielles Polster anzulegen. Zum anderen haben Sie einen großen Nachteil gegenüber jüngeren Kreditnehmern: Ihnen fehlt schlicht die Zeit, um Ihre Immobilie auch mit wenig Eigenkapital rechtzeitig zu tilgen.
Beispiel: Herr Meier stößt mit 59 Jahren zufällig auf ein kleines Häuschen auf dem Land, das 220.000 Euro kosten soll. Er hat einen Betrag von 50.000 Euro auf dem Tagesgeldkonto liegen, welchen er als Eigenkapital einbringen will. Bei einem Zinssatz von 1,20 Prozent, einer Tilgungsrate von 3 Prozent und einer monatlichen Rate von 595 Euro, hätte er das Haus bei gleichbleibenden Konditionen in 28 Jahren – also im Alter von 87 Jahren – abbezahlt. Der Bank ist das Risiko zu groß, weshalb sie den Kreditantrag ablehnt.
Herr Meier gibt nicht auf, sondern wirft stattdessen einen Blick in sein Aktiendepot. Die Werte haben sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt, weshalb der aktuelle Stand bei 60.000 Euro liegt. Er beschließt, das Depot aufzulösen und sein Eigenkapital so auf 110.000 Euro zu erhöhen. Da er sich durch das Eigenheim die Mietzahlungen spart, beschließt er zusätzlich, die Kreditrate auf 700 Euro zu erhöhen. Das Haus hätte er so in nur 14 Jahren – also mit 73 Jahren – abbezahlt. Die Bank stimmt dem Darlehen unter diesen Bedingungen zu.
Während bei jüngeren Kreditnehmern eine Eigenkapitalquote von 20 bis 30 Prozent in den meisten Fällen ausreicht, sollten ältere Kreditnehmer eher mit 40 bis 50 Prozent rechnen. Einige Banken beschränken die Beleihung ab einem gewissen Alter sogar pauschal auf 60 oder 50 Prozent. Fehlt Ihnen der nötige Betrag, können Sie der Bank unter Umständen alternativ weitere Sicherheiten wie etwa eine Lebensversicherung anbieten.
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Realistische Kreditrate
Bei der Bestimmung Ihrer Kredit- und Tilgungsrate sollten Sie sich über eines im Klaren sein: Sie müssen die Rate auch dann zahlen können, wenn Sie bereits in Rente sind. Stehen Sie kurz vor der Rente, mag eine Rate von 700 Euro vielleicht noch machbar erscheinen. In der Rente sieht es gegebenenfalls schon ganz anders aus. Finden Sie also vorab heraus, wie hoch Ihre Rente einmal ausfallen wird. Eine gute erste Anlaufstelle ist die Deutsche Rentenversicherung und auch ein Blick in die letzte Rentenauskunft bringt oft Licht ins Dunkel.
Tragen Sie darüber hinaus zusammen, welche zusätzlichen Einkünfte Ihnen im Alter zur Verfügung stehen. Dabei kann es sich zum Beispiel um eine betriebliche Altersvorsorge, eine private Rentenversicherung oder die Zahlungen von Pensionskassen handeln. Sie müssen sich auch darauf einstellen, dass die Bank von Ihnen verlangt, derartige Daten offenzulegen. Immerhin will auch der Kreditgeber wissen, ob die Kreditrate realistisch ist.
Sondertilgungen
Banken setzen häufig auf strenge Sondertilgungskonditionen. Der Grund dafür ist einfach: Zahlen Sie Ihr Darlehen früher als geplant ab, entgehen der Bank Zinsen. Nichtsdestotrotz sollten Sie gerade im Alter auf großzügige Sondertilgungskonditionen bestehen. Erwarten Sie etwa in Kürze die Auszahlung einer Lebensversicherung oder ein größeres Erbe, kann der Betrag direkt in Ihr Eigenheim fließen.
Lange Zinsbindung
Die Zinsbindung ist ein weiterer Kernaspekt der Baufinanzierung, auf den ältere Kreditnehmer ganz besonders achten sollten. Denn eine kurze Zinsbindung birgt das Potenzial, später zum Verhängnis zu werden.
Beispiel: Das Ehepaar Schmidt will im Alter von 55 Jahren einen Baukredit aufnehmen und mit dem Geld eine Eigentumswohnung finanzieren. Für das Wunschobjekt ist ein Darlehensbetrag von 120.000 Euro nötig. Da die Bank für eine kürzere Zinsbindung niedrigere Zinsen anbietet, lässt sich das Ehepaar auf eine 10-jährige Kreditlaufzeit an. 10 Jahre später bleibt eine Restschuld von 56.000 Euro, für die das Ehepaar eine Anschlussfinanzierung benötigt. Leider sind die Bauzinsen in der Zwischenzeit stark angestiegen, weshalb die Bank nun einen Zinssatz von 3,5 Prozent veranschlagt. Da das Paar mittlerweile auf dem Endspurt zur Rente ist, besteht die Bank außerdem auf einen hohen Tilgungssatz. Die Schmidts sehen sich so mit einer hohen monatlichen Rate konfrontiert, die einen Großteil Ihrer überschaubaren Rente verschlingt.
Kreditnehmer im fortgeschrittenen Alter sollten in den aktuellen Zeiten von Niedrigzinsen auf eine möglichst lange Zinsbindung achten. So reduzieren Sie Ihre Restschuld und Sie vermeiden, dass steigende Bauzinsen später für Sie als Senior zu einer überraschend hohen Kreditrate führen.
Restschuldversicherung
Zeigt sich die Bank störrisch und wird Ihre Kreditanfrage aufgrund fortgeschrittenen Alters nicht bewilligt, können Sie der Bank eine Restschuldversicherung als zusätzliche Sicherheit vorschlagen. Sollten Sie versterben, bevor Sie das Darlehen restlos getilgt haben, springt die Versicherung für Sie ein und begleicht die Restschuld.
Bürgschaft
Als Alternative zur Restschuldversicherung können Sie der Bank auch einen jüngeren Bürgen vorschlagen. Im Falle Ihres Todes tritt Ihr Bürge – im Idealfall auch Ihr Erbe – für Sie in die Immobilienfinanzierung ein. Dabei übernimmt er all Ihre Rechte und Pflichten. Doch Vorsicht: Eine Bürgschaft sollte gut durchdacht sein, denn häufig wird der Haftungsumfang des Bürgen unterschätzt. Meist verlangen Banken eine sogenannte selbstschuldnerische Bürgschaft. Das bedeutet, dass die Bank Ihren Bürgen nicht erst zur Kasse bitten kann, wenn Sie selbst zahlungsunfähig sind, sondern jederzeit.
Alternativen prüfen
Wenn es nicht gerade um den Kauf oder Erwerb einer Immobilie geht, kommen unter Umständen auch Alternativen für eine Baufinanzierung in Betracht. Möchten Sie beispielsweise Ihr Eigenheim altersgerecht umbauen, haben Sie gute Aussichten auf eine zinsgünstige KfW-Förderung.
Möchten Sie Ihr Zuhause umfangreich renovieren, kann ein Modernisierungskredit die richtige Wahl sein. Dieser ist – ebenso wie das klassische Immobiliendarlehen – zweckgebunden. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass kein Grundbucheintrag nötig ist und dass Sie weniger Hürden nehmen müssen, um an einen Kredit zu kommen. Modernisierungskredite werden meist für Darlehenssummen von unter 50.000 Euro gewährt.
Fazit: Auch ältere Kreditnehmer sind attraktive Kreditnehmer
Wer meint, im fortgeschrittenen Alter keine Baufinanzierung mehr zu bekommen, sitzt einem weitverbreiteten Irrglauben auf. Ältere Kreditnehmer bringen häufig mehr Eigenkapital mit und haben ein hohes Interesse daran, den Kredit möglichst schnell wieder abzubezahlen. Achten Sie allerdings darauf, eine möglichst realistische Kreditrate zu wählen: Immerhin müssen Sie diese unter Umständen auch dann noch zahlen, wenn Sie bereits in Rente sind. Sollte die Bank sich trotz Ihres durchdachten Finanzplans zunächst querstellen, können Sie Ihre Strategie ändern. Unter Umständen können Sie das Kreditinstitut mit einer Restschuldversicherung auf Ihre Seite ziehen oder Sie erhöhen schlicht die Eigenkapitalquote, falls zusätzliches Vermögen auf Ihrem Konto ruht. Auch eine weitere Sicherheit – wie etwa eine Lebensversicherung oder eine Bürgschaft – kann zum gewünschten Ziel führen.
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