Mehrere Münzen in absteigender Reihe als Symbolbild für die Niedrigzinsphase

Niedrigzinsphase: Gründe und Hintergründe für das anhaltende Zinstief

Seit der Finanzkrise 2008 verfolgen die nationalen Notenbanken eine Niedrigzinspolitik, um die Wirtschaft anzukurbeln. Während Sparer darüber klagen, dürfen sich Kreditnehmer weiterhin freuen: Die niedrigen Zinsen sorgen dafür, dass eine Baufinanzierung so günstig ist wie nie zuvor. Was genau es mit der Niedrigzinsphase auf sich hat, welche Prognosen Finanzexperten für die Zukunft aufstellen und wie Sie das Zinstief für sich nutzen können, erfahren Sie hier.

Niedrigzinsphase: Definition und Ursachen verständlich erklärt

Die aktuelle Niedrigzinsphase ist maßgeblich auf die Finanzpolitik der nationalen Notenbanken zurückzuführen. Als in den Jahren 2007 und 2008 die US-amerikanische Immobilienblase platzte und so eine weltweite Finanzkrise ins Rollen brachte, senkten Notenbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) oder die amerikanische Fed die Leitzinsen. Ziel war es, die Wirtschaft wieder anzukurbeln.

Der Leitzins gibt dabei an, zu welchem Zinssatz sich Banken Geld bei der jeweiligen Notenbank leihen können. Vor der Finanzkrise lag der Leitzins der EZB noch bei 4,25 Prozent, was bedeutete, dass Banken verhältnismäßig tief in die Tasche greifen mussten, wenn sie sich mit Geld versorgen wollten. Im Sommer 2008 senkte die EZB den Zinssatz jedoch auf 0 Prozent. Der Einlagensatz liegt mittlerweile sogar im Minusbereich: Demnach müssen Banken Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei den Notenbanken parken. Diese Zinspolitik verfolgen zahlreiche Notenbanken auch heute noch.

Die Auswirkungen der nationalen Niedrigzinspolitik betreffen zwar auf den ersten Blick nur die Banken, indirekt aber auch alle Anleger und Kreditnehmer: Banken können sich bei der Notenbank günstig Geld leihen und werden im Gegenzug dafür bestraft, wenn sie Geld parken. Entsprechend forcieren die Kreditinstitute auch, dass ihre Kunden möglichst wenig Geld ungenutzt auf Sparkonten lassen, weshalb Guthabenzinsen minimal ausfallen und höhere Einlagen von Privatkunden inzwischen häufig ebenfalls mit Strafzinsen belegt werden. Gleichzeitig sollen günstige Kredite Bankkunden dazu bringen, ihr Geld aktiv auszugeben – beispielsweise für Immobilien.

Während Immobilienkäufer vor der Weltwirtschaftskrise im Jahr 2008 noch bis zu 7 Prozent an Zinsen zahlen mussten, so dürfen sich Käufer oder Bauherren in der heutigen Niedrigzinsphase über Bauzinsen von etwa 1 Prozent freuen. Bei besonders guten Rahmenbedingungen sind auch Zinssätze von 0,5 Prozent keine Seltenheit. Der einzige Nachteil: Die günstigen aktuellen Bauzinsen haben die Nachfrage nach Immobilien stark ansteigen lassen, weshalb auch die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen sind.

Wie lange hält die Niedrigzinsphase noch an?

Die Zinspolitik der Notenbanken wird massiv von wirtschaftlichen, politischen und sozialen Ereignissen und Entwicklungen geprägt. Diese sind jedoch kaum vorherzusehen – wie nicht zuletzt die Corona-Pandemie gezeigt hat. Entsprechend schwierig ist es auch, Zinsprognosen aufzustellen.

Die meisten Finanzexperten und Wirtschaftsweisen rechnen allerdings noch einige Jahre lang mit einem Seitwärtstrend, also konstant niedrigen Zinsen. Die Corona-Pandemie hat die weltweite Wirtschaft derart stark in Mitleidenschaft gezogen, dass mit einem spontanen Wirtschaftswachstum vorerst eher nicht zu rechnen ist. Wahrscheinlicher ist es, dass die Notenbanken weiterhin bei ihrer Niedrigzinspolitik bleiben werden und so versuchen, der Wirtschaft mittels extrem niedriger oder negativer Leitzinsen zu einem Aufschwung zu verhelfen. Ein Ende der Niedrigzinsphase ist also momentan nicht konkret absehbar.

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Fallbeispiel: Auswirkung der Niedrigzinsphase auf die Baufinanzierung

Zwar machen sich die niedrigen Zinsen auch bei kleineren Raten- und Konsumkrediten bemerkbar, doch richtig ins Gewicht fallen sie vor allem bei der Baufinanzierung. Wie viel günstiger ein Immobiliendarlehen heute im Vergleich zu 2008 ist, zeigt die folgende Vergleichsrechnung:

 20082021
Darlehenssumme180.000 €180.000 €
Sollzinssatz5 %1,1 %
Tilgungssatz3 %3 %
Monatliche Rate1.200 €615 €
Restschuld nach 10 Jahren110.122 €122.945 €
Insgesamt gezahlte Zinsen74.122 €16.745 €

Die Rahmenbedingungen für die Finanzierung – Darlehenssumme und Tilgungssatz – sind jeweils deckungsgleich, lediglich der Zinssatz unterscheidet sich stark voneinander. Der hohe Zinssatz bei der Finanzierung aus 2008 führt zu einer sehr hohen monatlichen Kreditrate, die jedoch zum Leidwesen der Kreditnehmer zu einem Großteil aus Zinszahlungen besteht. Insgesamt hat der Kredit hier nach der Laufzeit von 10 Jahren bereits über 70.000 Euro an Zinsen gekostet.

Im Vergleich dazu fallen die Zinszahlungen beim Finanzierungsbeispiel aus 2021 sehr gering aus. Dies drückt sich auch in der geringen monatlichen Rate aus. Die Kreditnehmer aus 2021 könnten sich also überlegen, den Tilgungssatz und entsprechend auch die Kreditrate etwas höher anzusetzen und die Immobilie so schneller abzubezahlen.

Tipps: So nutzen Sie die Niedrigzinsphase für Ihren Baukredit

Die Zukunft der Bauzinsen ist ungewiss, weshalb Sie nicht lange zögern sollten, wenn Sie darüber nachdenken, eine Immobilie zu kaufen oder ein Eigenheim zu bauen. Wenn Sie dabei die folgenden Tipps befolgen, können Sie das Zinstief optimal für sich nutzen.

Hoher Tilgungssatz + Sondertilgungen = geringe Restschuld

Kaum einem Kreditnehmer gelingt es, den gesamten Darlehensbetrag innerhalb der vereinbarten Kreditlaufzeit zu tilgen. Nichtsdestotrotz sollte es Ihr Ziel sein, die aktuelle Niedrigzinsphase optimal zu nutzen und Ihre Restschuld bis zum Ende der Zinsbindungsfrist möglichst weit zu reduzieren. Behalten Sie immer im Hinterkopf, dass die Bauzinsen auch wieder steigen können und eine Anschlussfinanzierung dann teuer werden kann.

Um Ihren Kredit schnell abzubezahlen, sollten Sie sich nicht von niedrigen Monatsraten verlocken lassen. Kalkulieren Sie vorab, welche Monatsrate Sie sich leisten können, und reizen Sie diese voll aus, indem Sie den Tilgungssatz möglichst hoch ansetzen. Während bei hohen Bauzinsen Tilgungssätze von höchstens 2 Prozent gang und gäbe waren, sind heute eher 3 bis 4 Prozent die Regel.

Rechnen Sie in naher Zukunft mit einem Erbe, einem Bonus oder einer großzügigen Schenkung, sollten Sie auch auf kundenfreundliche Sondertilgungskonditionen achten. So können Sie das überschüssige Geld direkt und ohne Strafzahlungen in die Tilgung einfließen lassen und sind schneller wieder schuldenfrei.

Lange Zinsbindung

Bei Baufinanzierungen gilt der Grundsatz: Sind die Bauzinsen hoch, ist eine kurze Zinsbindung von Vorteil. Sind die Bauzinsen hingegen niedrig, sollten Sie sich den günstigen Zinssatz möglichst lange sichern.

Zwar veranschlagen die meisten Banken einen Zinsaufschlag für eine längere Zinsbindung, doch sollten Sie sich davon nicht verunsichern lassen. Sie profitieren dadurch immerhin von einer besseren Planbarkeit und müssen nicht ständig fürchten, dass die Bauzinsen wieder steigen könnten.

Eine zu lange Zinsbindung gibt es im Übrigen nicht: Sollten die Bauzinsen doch weiter sinken, können Sie nach 10 Jahren von Ihrem gesetzlichen Sonderkündigungsrecht gemäß Paragraf 489 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Gebrauch machen und den Kredit mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten kündigen. Sie können so günstig umschulden, ohne eine teure Vorfälligkeitsentschädigung in Kauf nehmen zu müssen.

Niedrigzinsen für die Zukunft sichern

Wie schön wäre es, wenn Sie sich die aktuellen Niedrigzinsen für eine spätere Baufinanzierung sichern könnten? Gute Nachrichten: Es gibt tatsächlich einige Möglichkeiten, Niedrigzinsen für später „einzufrieren“.

Haben Sie beispielsweise bereits einen Immobilienkredit aufgenommen und läuft dieser in einigen Jahren aus, so müssen Sie mit dem Abschluss der Anschlussfinanzierung nicht bis dahin warten. Mit einem Forward-Darlehen können Sie die Anschlussfinanzierung bis zu 5,5 Jahre im Voraus in trockene Tücher bringen und so längerfristig von der aktuellen Niedrigzinsphase profitieren. Einen Haken hat das Ganze jedoch: je länger die Forward-Periode – also die Zeit zwischen Kreditabschluss und Auszahlung –, desto höher der Forward-Aufschlag. Diesen berechnet die Bank quasi als Risikoaufschlag dafür, dass sie Ihnen das günstige Darlehen für die Zukunft reserviert. Das Forward-Darlehen lohnt sich entsprechend nur dann, wenn die Bauzinsen in der Zwischenzeit auch wirklich wieder steigen – und das ist immer ungewiss.

Wenn Sie noch keinen Baukredit haben, aber bereits jetzt wissen, dass Sie später einmal eine Immobilie kaufen möchten, kann sich ein Bausparvertrag für Sie lohnen. Zwar bedeutet die Niedrigzinsphase auch, dass das Bausparguthaben schlecht verzinst ist, doch profitieren Sie dafür später von einem günstigen Bauspardarlehen. Bei Bausparern gilt immer der Zinssatz, der zum Zeitpunkt des Abschlusses vertraglich vereinbart wurde, weshalb auch hier der Tiefzins eingefroren wird.

Fazit: Niedrigzinsphase nutzen, solange sie anhält

Egal ob Finanzlaie oder Wirtschaftsweiser: Niemand kann genau vorhersehen, wie lange die aktuelle Niedrigzinsperiode noch andauern wird. Spielen Sie mit dem Gedanken an ein Eigenheim oder an eine Immobilie als Kapitalanlage, sollten Sie daher schnell zuschlagen und sich die aktuellen Niedrigzinsen sichern. Mit einigen Tricks – darunter einer langen Zinsbindung und einem hohen Tilgungssatz – können Sie außerdem das meiste aus dem Zinstief herausholen und trotz hoher Immobilienpreise noch ein gutes Geschäft machen.

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Bildnachweis: ITTIGallery / Shutterstock.com

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