Großeltern und der Rest der Familie vor ihrem Mehrfamilienhaus, hier gilt bereits das Nießbrauchrecht

Was versteht man unter Nießbrauch und Nießbrauchrecht?

Das Nießbrauchrecht kommt bei Immobilien häufig vor, wenn Eltern Ihr Eigentum bereits zu Lebzeiten auf Ihre Kinder übertragen. Indem sie sich ein Nießbrauchrecht einräumen lassen, sichern sie sich rechtlich die Möglichkeit, weiterhin Nutzen aus der Immobilie zu ziehen. Im folgenden Artikel zeigen wir Ihnen, was der Nießbrauch ist, wie das Nießbrauchrecht funktioniert und welche Auswirkungen das Recht auf den Wert der Immobilie hat.

Was bedeutet Nießbrauch?

Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt das Nießbrauchrecht in den Paragrafen 1030 bis 1067. Demnach ist der Nießbraucher berechtigt, im Rahmen der sogenannten Fruchtziehung wirtschaftliche Gewinne aus fremdem Eigentum zu ziehen und es zu nutzen. Gängig ist die Einräumung des Rechts bei Immobilieneigentum.

Was ist Nießbrauch bei Immobilien?

Mit einem Nießbrauchrecht räumt ein Eigentümer einem Dritten das Recht ein, die eigene Immobilie zu nutzen, zu vermieten oder anderen Nutzen daraus zu ziehen. Doch auch wenn der Nutznießer die Immobilie bewirtschaftet, behält der Eigentümer das Verfügungsrecht.

Üblich ist das Nießbrauchrecht im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge. Die Eltern bleiben weiterhin in der Immobilie wohnen und nutzen das Haus oder die Wohnung wie gewohnt. Handelt es sich um ein vermietetes Objekt, erhalten Sie die Mieteinnahmen wie bisher. In beiden Fällen sind die Eltern die Nutznießer und im ersten Fall bleiben sie bis zum Lebensende in der Immobilie wohnen, auch wenn die Kinder bereits Eigentümer sind.

Wie funktioniert das Nießbrauchrecht?

Ein Eigentümer hat verschiedene Rechte an einer Sache:

  • Nutzungsrecht
  • Recht auf Fruchtziehung
  • Recht auf Verfügung

Räumt er nun einem anderen ein Nießbrauchrecht ein, gehen das Nutzungsrecht und das Recht auf Fruchtziehung auf den Nießbrauchberechtigten über. Eigentum wird nicht übertragen, das Verfügungsrecht bleibt beim Eigentümer.

Grundsätzlich ist die Übertragung des Rechts formfrei möglich und der Nießbrauch entsteht durch Einigung und Übergabe, etwa wenn der Eigentümer eines Fahrzeugs einem anderen die Schlüssel überlässt, um den Wagen zu fahren.

Handelt es sich um eine unbewegliche Sache wie eine Immobilie, ist ein Vertrag erforderlich. Zudem wird das Nießbrauchrecht mit einer notariellen Beurkundung bestellt. Der Notar veranlasst die Eintragung des Nießbrauchrechts in das Grundbuch. Das Nießbrauchrecht wird in Abteilung II unter Lasten und Beschränkungen eingetragen.

Der Nießbrauch muss nicht unbedingt für die gesamte Immobilie bestehen, sondern kann auch nur auf einen bestimmten Teil beschränkt werden.

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Welche Arten von Nießbrauch gibt es?

Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet verschiedene Arten von Nießbrauch:

  • Bruchteilsnießbrauch: Das Recht besteht nur für einen bestimmten Miteigentumsanteil, etwa für eine bestimmte Wohnung bei einem Mehrfamilienhaus.
  • Quotennießbrauch: Der Berechtigte erhält nur einen bestimmten Anteil der Einkünfte aus einer Immobilie.
  • Vorbehaltsnießbrauch: Bei der Übertragung eines Grundstücks wird dem bisherigen Eigentümer ein Nutzungsrecht eingeräumt. Diese Form kommt häufig bei einer Übertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge vor.
  • Aufschiebender oder nachrangiger Nießbrauch: Bei einer Grundstücksübertragung erhält der bisherige Eigentümer ein Nießbrauchrecht. Stirbt dieser, wird einem dritten Berechtigten ein Nutzungsrecht eingeräumt.
  • Zuwendungsnießbrauch: Dem Nießbrauchberechtigten stehen auch die Einkünfte aus dem Grundstück oder der Immobilie zu. Dabei ist zwischen einem entgeltlichen, einem unentgeltlichen und einem teilentgeltlichen Nießbrauch zu unterscheiden.

Welche Rechte und Pflichten haben Immobilieneigentümer und Nießbrauchberechtigte?

Der Nutznießer darf die ihm übertragene Immobilie nutzen und von den Einnahmen profitieren. Ob für die Nutzung ein Entgelt anfällt, hängt von der Vereinbarung mit dem Eigentümer ab. Der Nutznießer ist für die Bewirtschaftung der Immobilie oder des Grundstücks zuständig und ist verpflichtet, die übertragene Sache zu erhalten. Alle Kosten, die für die normale Unterhaltung anfallen, sind vom Nießbrauchberechtigten zu zahlen. So obliegen ihm beispielsweise die Versicherung der Immobilie und die Zahlung des Versicherungsbeitrags sowie die Übernahme der Grundsteuer. Wesentliche Veränderungen an der Immobilie darf der Nießbrauchberechtigte nicht durchführen.

Bei einer ordnungsgemäßen Nutzung der Immobilie muss der Nutznießer nicht für allgemeine Abnutzungserscheinungen aufkommen. Alles, was über die übliche Bewirtschaftung hinausgeht, ist Sache des Eigentümers.

Der Eigentümer ist verpflichtet, größere Modernisierungen oder Instandhaltungen zu bezahlen. Das Recht, das Grundstück oder die Immobilie zu veräußern, besitzt lediglich der Eigentümer.

Was ist der Unterschied zum Wohnrecht?

Genau wie das Nießbrauchrecht wird auch ein Wohnrecht ins Grundbuch eingetragen. Das Wohnrecht sichert als sogenannte Grunddienstbarkeit dem Berechtigten die Möglichkeit, lebenslang in der Immobilie zu wohnen. Weitere Rechte – wie einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Haus oder der Wohnung zu ziehen – hat diese Person jedoch nicht.

Das Nießbrauchrecht geht wesentlich weiter und sichert dem Nutznießer die Möglichkeit, die Immobilie nicht nur selbst zu bewohnen, sondern auch zu vermieten oder zu verpachten. Anders als bei einem Wohnrecht besteht hier also ein Recht zur Fruchtziehung.

Wie kann ein Nießbrauchrecht gelöscht oder beendet werden?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie ein Nießbrauch endet:

  • Das Recht wurde vertraglich begrenzt und endet zum vereinbarten Zeitpunkt automatisch.
  • Der Nießbrauchberechtigte stirbt.
  • Beide Parteien sind sich einig und lassen das Recht einvernehmlich löschen. Dazu ist eine notariell beglaubigte Löschungsbewilligung beim Grundbuchamt vorzulegen.
  • Sichert der Eigentümer sich das Recht auf Rückübertragung mit einer Rückauflassungsvormerkung, kann er die Rückgabe der Immobilie verlangen, wenn sich der Nutznießer vertragswidrig verhält.

Eine Vererbung des Nießbrauchrechts ist nicht möglich. Verstirbt der Berechtigte, endet das Recht. Stirbt der Eigentümer, bleibt der Nießbrauch bestehen und geht auf den neuen Immobilieneigentümer über.

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Worauf muss ich als Immobilienkäufer bei einem Nießbrauch achten?

Wenn Sie eine Immobilie mit einem Nießbrauchrecht erwerben, bleibt die Belastung bestehen. Sie sind zwar Eigentümer, können die Immobilie jedoch zunächst nicht nutzen. Ein im Grundbuch eingetragenes Nießbrauchrecht führt daher zu einer Wertminderung der Immobilie. Diese wird anhand einer Wertminderungstabelle in einem standardisierten Verfahren ermittelt, das die folgenden Faktoren berücksichtigt:

  • geschätzter Marktwert der Immobilie
  • Restdauer des Nießbrauchrechts (bei lebenslangem Nießbrauch: statistische Lebenserwartung des jüngsten Nießbrauchers)
  • Jahresmieteinnahmen (bei vermieteter Immobilie)

Hat das Nießbrauchrecht Auswirkungen auf eine Baufinanzierung?

Banken bewerten eine Immobilie vor einer Darlehensgewährung. Das Nießbrauchrecht hat deutliche Auswirkungen auf den Verkehrswert des Objektes. Wollen Sie eine Immobilie erwerben, aus der Sie wegen des bestehenden Rechts keinen Nutzen ziehen können, gibt es keine Einnahmen, auf welche die Bank ihre Bewertung stützen kann. Ob und in welcher Höhe Sie einen Kredit erhalten, ist also vom Einzelfall abhängig. Allerdings dürfte sich durch das Nießbrauchrecht der Kaufpreis deutlich reduzieren, was auch Ihren Fremdkapitalbedarf entsprechend senken sollte.

Fazit: Immobilie übertragen und trotzdem weiter nutzen

Wer die eigene Immobilie zu Lebzeiten an seine Erben weitergeben möchte, kann mithilfe eines Nießbrauchrechts Erbschafts- und Schenkungssteuern einsparen. Das Nießbrauchrecht mindert den Wert der Immobilie und sorgt so für einen steuerlichen Vorteil. Eltern, die ihr Haus oder ihre Wohnung vorzeitig an die Erben übertragen, sichern sich durch die Eintragung des Nießbrauchs die Möglichkeit, die Immobilie weiterhin zu nutzen. Die Erben werden Eigentümer der Immobilie, das Nutzungsrecht verbleibt jedoch bei den Eltern.

Den Kauf einer mit einem Nießbrauchrecht belasteten Immobilie sollten Sie gut abwägen. Der Wert der Immobilie wird durch das bestehende Recht deutlich gemindert, eine Fremdfinanzierung ist nicht unbedingt sichergestellt.

Bildnachweis: Syda Productions / Shutterstock.com

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